Theresa Perabo
Wilhelm Mannhardt und die Anfänge der Volkskunde
Neue Wege der Wissensproduktion im 19. Jahrhundert
2022, Mainzer Beiträge zur Kulturanthropologie / Volkskunde, Band 23, 464 Seiten, gebunden, 39,90 €, ISBN 978-3-8309-4479-9
Im Zentrum dieser wissenschaftsgeschichtlichen Studie steht Wilhelm Mannhardt, eine Forscherpersönlichkeit des 19. Jahrhunderts, dessen frühe empirische Arbeiten für das disziplinäre Selbstverständnis der Volkskunde und ihrer Nachfolgewissenschaften einschlägig, aber kaum mehr bekannt sind. Die erneute Auseinandersetzung orientiert sich an den Ansätzen der modernen Wissenschaftsforschung, namentlich an Bruno Latour und seinem forschungspraktischen Imperativ „science in action“, um den wissenschaftlichen Alltag aus einer emischen Perspektive heraus als vergangene Vollzugswirklichkeit sichtbar zu machen und in einer dichten Beschreibung zur Darstellung zu bringen. Die Grundlage der Untersuchung bilden neu erschlossenes oder bisher kaum berücksichtigtes Archivmaterial aus ganz Europa sowie Mannhardts wissenschaftlicher Nachlass, der in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrt wird. Das vielfältige Material wird historisch kontextualisiert, analysiert, interpretiert und auf seine aktuelle Bedeutung für die moderne Forschung reflektiert.
Zusätzlich sind zwei bislang unbekannte Schriften aus Mannhardt Nachlass – „Über das Studium der Volksüberlieferung“ und „Moderne Sagenbildungen“ – im Anhang dieses Buches erstmalig editiert.
Pressestimmen
Die Arbeit selbst ist bestechend und nachvollziehbar aufgebaut, indem die Gliederung den gewählten konzeptionellen Zugang stützt, der praxeologisch nach verschiedenen Aspekten von Mannhardts Wissensproduktion fragt. [...] Es ist das Verdienst dieses klugen Buches, so manche Vorurteile zu revidieren, die über die bürgerlichen Volkskundler des 19. Jahrhunderts als elitäre Forscher mit überheblich-paternalistischem Habitus bestehen mögen. [...]Theresa Perabo gelingt es, den Lesenden einen von gegenwärtigen Forschungen unseres Fachzusammenhangs doch weit entfernten Vertreter nicht nur näherzubringen, sondern ihn unter Nutzung aktueller Fragestellungen auch komplett neu zu befragen.
Konrad J. Kuhn, in: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde, erschienen am 21.08.2024. URL: https://kblg.badw.de/kbl-digital/rezensionsportal/aktuelle-rezensionen/ansicht/detail/5557.html
Wer sich also der (Re-)Lektüre von Mannhardt, einer weiterführenden Auseinandersetzung mit den Anfängen der Volkskunde und kritischer Wissenschaftsgeschichte widmen möchte, der/dem ist Theresa Perabos Studie zu empfehlen. Gerade ihre akribische Quellenarbeit, das erstmals vorliegende kommentierte Publikationsverzeichnis (Anhang A) und die Abschrift zweier Manuskripte (Anhang D und E) machen die Dissertation unverzichtbar für zukünftige Forschungsarbeit.
Felix Linzner, in ZEKW, 1/2025, S. 157-158.