Ausgabe 1/2021, 13. Jahrgang S. 78–104
Stefan Schipolowski, Aileen Edele, Nicole Mahler, Petra Stanat
Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen von Jugendlichen mit Fluchtbiografie am Ende der Sekundarstufe I
Kurzlink: https://www.waxmann.com/artikelART104378
.doi: https://doi.org/10.31244/jero.2021.01.03
Abstract
Bisher liegen kaum belastbare Informationen zur Integration junger Geflüchteter im deutschen Schulsystem vor. In diesem Beitrag untersuchen wir die Kompetenzen geflüchteter Jugendlicher in den Fächern Mathematik, Biologie, Chemie und Physik im Vergleich zu anderen Heranwachsenden mit und ohne Zuwanderungshintergrund, einschließlich Jugendlichen der ersten Zuwanderergeneration ohne Fluchtbiografie. Analysiert wurden Testdaten von 44.882 Neunt klässlerinnen und Neuntklässlern, darunter 939 Geflüchtete, die an einer Studie zum nationalen Bildungsmonitoring (IQB-Bildungstrend 2018) teilgenommen haben. Mit Regressionsanalysen prüften wir, inwieweit Disparitäten in den Kompetenzen auf Unterschiede in den Sprachkenntnissen und im sozialen Hintergrund der Familien zurückgeführt werden können. Verglichen mit Jugendlichen ohne Zuwanderungshintergrund erzielten geflüchtete Jugendliche im Durchschnitt um 15 bis 17 Punkte niedrigere Kompetenzwerte (auf einer Skala mit SD = 10 für alle Neuntklässlerinnen und Neuntklässler in Deutschland). Auch die Differenz zu Jugendlichen der ersten Zuwanderergeneration ohne Fluchtbiografie war mit 7 bis 10 Punkten substanziell. Unter Berücksichtigung der Sprachkenntnisse und des sozialen Hintergrunds fielen die Disparitäten mit 2 bis 5 Punkten im Vergleich zu Heranwachsenden ohne Zuwanderungshintergrund bzw. 1 bis 5 Punkten im Vergleich zu Jugendlichen der ersten Zuwanderergeneration ohne Fluchtbiografie erheblich geringer aus, wobei Sprachkenntnisse die größte Varianzaufklärung leisteten. Die verbleibenden Unterschiede in den mathematisch- naturwissenschaftlichen Kompetenzen entsprechen dem Lernzuwachs, der in deutschen Schulen ungefähr in einem Schuljahr erreicht wird. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung effektiver Sprachförderung für geflüchtete Kinder und Jugendliche.
Schlagworte
Mathematik; Naturwissenschaften; Kompetenzen; Large-scale assessment; Geflüchtete
APA-Zitation
Schipolowski, S., Edele, A., Mahler, N. & Stanat P. (2021). Mathematics and science proficiency of young refugees in secondary schools in Germany. Journal for Educational Research Online (JERO), 13(1), 78-104. https://doi.org/10.31244/jero.2021.01.03