Gegenstand der Soziokulturellen Theorie ist die Genese und dynamische Entwicklung mentaler Funktionen in individuellen und kollektiven Erfahrungs- und Handlungsprozessen. Kognitive Prozesse werden dabei in ihrer Bezogenheit auf die jeweiligen kulturellen, gesellschaftlichen und institutionellen Umgebungen, in denen Menschen etwas tun und in denen ihnen etwas widerfährt, untersucht. Im...
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Gegenstand der Soziokulturellen Theorie ist die Genese und dynamische Entwicklung mentaler Funktionen in individuellen und kollektiven Erfahrungs- und Handlungsprozessen. Kognitive Prozesse werden dabei in ihrer Bezogenheit auf die jeweiligen kulturellen, gesellschaftlichen und institutionellen Umgebungen, in denen Menschen etwas tun und in denen ihnen etwas widerfährt, untersucht. Im soziokulturellen Paradigma wird die Aneignung von Erst-, Zweit- und weiteren Sprachen im Sinne einer Mehrsprachigkeitsforschung als Aspekt gesellschaftlicher Partizipation erforscht. Während das soziokulturelle Paradigma in der englischsprachigen Zweitsprachenlern- und -lehrforschung mittlerweile als gut etabliert gelten kann, sind entsprechende Arbeiten im deutschsprachigen Forschungsdiskurs immer noch die Ausnahme.
Die Reihe stellt sich die Aufgabe, die Potenziale der Soziokulturellen Theorie und ihrer Bezugswissenschaften für die Forschung zur Aneignung von weiteren Sprachen nach Erstsprachen und zur Aneignung von Erstsprachen als Teil mehrsprachiger Entwicklung produktiv zu machen. Zum Bezugsrahmen für Veröffentlichungen in der Reihe zählen neben Ansätzen, die aus der kulturhistorischen Schule und der Tätigkeitstheorie hervorgegangen sind, sowie sprachsozialisatorisch, poststrukturalistisch und gebrauchsbasiert argumentierenden Ansätzen auch Arbeiten, die sich beispielsweise auf den Dialogizitätsbegriff von Bachtin, auf die Bühlersche Sprachtheorie, auf symbolisch-interaktionistische, semiotische und prozessphilosophische Theoriebildungen des Pragmatismus, auf ökologische Ansätze und emergentistisch argumentierende kognitionswissenschaftliche sowie anschlussfähige neurowissenschaftliche Theorien berufen.
Die Reihe versteht sich als Forum für Arbeiten aus allen Bereichen der Sprachlern- und -lehrforschung, die sich im oben umrissenen Theorierahmen verorten und unmittelbar oder mittelbar Prozesse der Sprache(n)aneignung zum Gegenstand haben. Neben Arbeiten, die auf sprachliche Aneignungsprozesse fokussieren, sind daher auch solche angesprochen, die ihr Augenmerk eher auf das historische, kulturelle, gesellschaftliche und institutionelle Bedingungsgefüge solcher Prozesse richten. Hierzu können beispielsweise Arbeiten mit Fokus auf individueller und gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit, Migration und migrationsbedingten Prozessen von Vergesellschaftung, Sprachenpolitik, Professionalisierung von Lehrkräften, didaktische und curriculare Aspekte sowie Schulentwicklung gerechnet werden.
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