Tod im Spieker

Ursula Meyer

Tod im Spieker

Sieglinde Zürichers achter Fall

2007,  Waxmann Schwarze Serie,  320  pages,  paperback,  12,70 €,  ISBN 978-3-8309-1818-9

back to overview

Mord auf einer Hochzeitsfeier im Münsterland. Maja, die eigenwillige Schwester der Braut, wurde erdrosselt und ihre Leiche im alten Kornspeicher aufgehängt. Ihre Haare waren abgeschnitten und die Fußsohlen mit Asche gefärbt.

Da keiner der Gäste den Bauernhof unbemerkt verlassen konnte, engt sich der Kreis der Verdächtigen bald ein. Doch jeder von ihnen könnte ein Motiv gehabt haben. Ist Majas einträchtiger Hexenzirkel in Wahrheit eine Schlangengrube? Ist der Mord die Folge eines sorgfältig vertuschten Falls von Kindesmissbrauch? Oder findet sich die Lösung in der jahrhundertealten Geschichte der Hofstätte?

Ein neuer verzwickter Fall für Sieglinde Züricher, deren Ermittlungen sie diesmal bis nach Delft und Den Haag führen.


Leseprobe

Die Liste der restlichen Gäste ordneten wir alphabetisch und halbierten sie dann: Die Buchstaben A-L für Max, der Rest fiel an mich. Doch als er aufstand, um den ersten Festteilnehmer herein zu bitten, und ich ihm folgen sollte, schüttelte ich den Kopf.

"Bevor ich mit den Vernehmungen anfange, möchte ich mir noch einmal den Spieker ansehen. Vielleicht habe ich irgendetwas übersehen, weil ich hauptsächlich die Leiche vor Augen hatte. Jetzt, nachdem sie weggebracht wurde ... Du brauchst nicht mitzugehen, aber für mich gehört dieser Rundblick über den Verbrechensschauplatz zu meinen Ritualen."

Er zögerte kurz, bevor er sagte: "Ich komme mit."

Im Obergeschoss des Spiekers blieb ich stehen, den Rücken zum Fenster gewandt, und ließ meinen Blick durch den Raum wandern. Erst jetzt fiel mir der starke Mittelbalken unter der Decke auf. Demnach hätte Majas Leiche auch hier hängen können. Warum hatte sich das Verbrechen auf zwei Ebenen abgespielt? Und auf welcher Ebene war der Tod eingetreten, für den es keine Spuren gab? Ich fragte Max, wann die Hofbesitzer das letzte Mal im Spieker gewesen seien. Bei Frau Lehnbach war es zwei Wochen her, bei ihrem Mann noch länger. Nach dem Anstreichen der Wände hatte Frau Lehnbach gründlich sauber gemacht. Danach gab es im Wohnhaus noch einiges zu tun; das Meiste in Eigenregie.

"Findest du nicht auch, dass die Holzböden nach zwei Wochen noch immer auffallend sauber sind? Es stehen zwar keine Fenster offen, aber wir haben Hochsommer. Bei all dem Blütenzeug in der Luft und den vielen Insekten frage ich mich, warum hier drinnen nichts davon zu finden ist. Keine tote Fliege, kein Pollenstaub, keine Blätter. Dass das Fachwerk und die Eingangstür nichts hereinlassen, kann mir keiner erzählen, da gibt es immer Ritzen."

"Unsere Person ist ein Sauberkeitsfanatiker." Max rieb sich nachdenklich das Kinn. "Die erste Eigenschaft, die wir an ihr kennen lernen. Wäscht sich alle zehn Minuten die Hände."

"Oder sie ist ein Routinier und weiß, dass selbst das kleinste Blütenblatt unter dem Mikroskop etwas von ihr verraten könnte."

"Sie hat sich viel Zeit genommen; das steht fest."

Ich wanderte die Fenster eins nach dem anderen ab und spürte Lückmanns Ungeduld wie einen unangenehmen Hauch im Nacken. Es stimmte, dass wir mit unseren Befragungen beginnen mussten, bevor das Brautpaar und seine Gäste die Nerven verloren oder jemand falsche Fakten auftischte, die von Müdigkeit oder Gedächtnislücken diktiert wurden. Gegen Böswilligkeit und Verschleierungsstrategien war natürlich erst recht kein Kraut gewachsen. Und wenn jemand der Aufregung oder Belastung nicht gewachsen war? Unter den Teilnehmern befanden sich ältere Herrschaften, vielleicht auch chronisch Kranke, die ihre Medikamente zu Hause gelassen hatten, Personen mit Diätvorschriften, die, am Büffet sträflich vernachlässigt, sich jetzt böse rächten. Das Szenario vor meinem inneren Auge reichte von der Gallenkolik bis zum diabetischen Schock.

press

Detailgenauigkeit ist die Stärke ihrer Bücher. [...] Deshalb können sich die Leser schon heute auf einen weiteren Regionalkrimi von Ursula Meyer freuen.
Hildegard Zajac in: Die Glocke, 21.10.2006

Wenn Ursula Meyer ihre Protagonistin zum achten Mal auf Verbrecherjagd schickt, dann dürfen Fans der Reihe sich auf bewährte Zutaten freuen. Wichtigstes Salz in der Krimi-Suppe: viel Lokalkolorit. Quasi mit dem Stadtplan in der Hand können die Leser Sieglinde Zürichers Fährte folgen - von Kinderhaus bis in die Bockholter Berge. [...] Der gewogene Leser weiß, was ihn erwartet: solide Krimikost mit einem Hauch Suspense und ganz viel Münster.
Westfälische Nachrichten vom 25. August 2007.

Wie immer zeichnet Meyer ein atmosphärisch dichtes Bild des Alltags in der münsterländischen Tiefebene. Das Verbrechen wirkt bei ihr niemals monströs, sondern entsteht aus gesellschaftlichen Verwerfungen und steigt aus Abgründen hervor, die sich unter der Oberfläche ländlicher Konvention auftun. Diese zeichnet M. mit großer Genauigkeit und nie erlahmender Liebe zum Detail nach. Die Personen und auch die Nebenfiguren, werden durch eine nachvollziehbare Legende authentisch. Die Landschaft wird literarisch erfahrbar und verkommt nicht, wie in manch anderem Lokalkrimi zur bloßen Kulisse. Ihr Stil ist tropisch aufgeladen und erneut entzückt sie den Leser durch treffliche Vergleiche.
Alfons Huckebrink in „Druckfrisch vorgestellt“.