Die migrationsgesellschaftliche Realität Deutschlands schlägt sich bisher kaum in den Fachdidaktiken des deutschen Schulwesens nieder. Das bedingt einen häufig unreflektierten individuellen Sprachgebrauch (Beispiel ‚Migrationshintergrund‘), inadäquate institutionelle Diskurse (Beispiel ‚Interkulturalität‘) und eine fortgesetzte Ungleichheit von Chancen und Teilhabe im Bildungsbereich, somit ein fortgesetztes gesellschaftliches Herstellen von ‚Differenz‘. Vor diesem Hintergrund wurde in dieser Studie die Frage nach
Passungen und
Divergenzen zwischen gesellschaftlich und institutionell legitimierten Inhalten des Fachunterrichts (konkret:
Osmanisches Reich im Geschichtsunterricht der Sekundarstufe I und II in Nordrhein-Westfalen) und individuell-habitualisierten Vorstellungen und Wissensstrukturen von Schüler*innen (konkret:
Mitgebrachte Schülervorstellungen zum Osmanischen Reich) beleuchtet. Über eine triangulierte dreiteilige Untersuchung konnten institutionelle Vorgaben des Geschichtsunterrichts untersucht und Schülervorstellungen zum Osmanischen Reich rekonstruiert werden. Dabei ermöglichte der methodische Zugang durch die Verschränkung des wissenssoziologischen und funktional-pragmatischen Ansatzes eine Mikroanalyse von sprachlich-mentalen Handlungen und damit von individuellen und kollektiven Schülervorstellungen. Die theoretische und methodische Interdisziplinarität der Studie ermöglichte somit aus einer macht- und differenzkritischen Perspektive die Berücksichtigung des höchst relevanten Zusammenhangs von
Gesellschaft, Institution und
Individuum bei der Analyse von Passungen und Divergenzen.
English summary, Resume (galego)
Pressestimmen
Tülay Altun liefert einen wichtigen Beitrag zur Diskussion um den Geschichtsunterricht in der Migrationsgesellschaft und füllt ein Desiderat. Ihr transdisziplinärer Ansatz und die Betrachtung von Wechselwirkungen zwischen Institution, Individuum und pluraler Gesellschaft sind Aushandlungsfelder zentraler Bedeutung für die Didaktik der Geschichte und den Geschichtsunterricht. (...)Die dezidierte und gründliche Zusammenführung der Untersuchungsperspektiven und methodischen Annäherungen sowie die disziplinäre Perspektiverweiterung bei der Verbindung von Theorie, Empirie und Praxis sind zu betonende Prädikate der Arbeit, die neue Diskussionsräume eröffnet und bestehende unterstreicht.
Lale Yildirim (Universität Osnabrück) für: H-Soz-Kult, Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften (https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-97456)
Vielleicht interessiert Sie auch:
Thomas Martin Buck,
Nicola Brauch
(Hrsg.)
Das Mittelalter zwischen Vorstellung und Wirklichkeit
Probleme, Perspektiven und Anstöße für die Unterrichtspraxis