Das Unsichtbare sehen

Alfred Schäfer

Das Unsichtbare sehen

Zur Initiation in einen Voodoo-Maskenbund

2004,  Grenzüberschreitungen,  Band 2,  152  Seiten,  E-Book (PDF),  19,90 €,  ISBN 978-3-8309-6410-0

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'Egungun' nennen die Yoruba (im heutigen Nigeria) jenen geheimen Maskenkult, der es den Ahnen gestattet, für kurze Zeit unter die Lebenden zurückzukehren. Der Auftritt der Egungun-Masken drückt einerseits die Freude der Ahnen über ihre Rückkehr aus, aber diese Freude kann auch in neidvolle Aggression gegenüber den lebenden Zuschauern ihres Tanzes umschlagen. Die Auftritte der maskierten Ahnen sind für die Lebenden nicht ungefährlich.

Unter dem Namen 'Kutito' ist dieser Maskenkult in die Voodoo-Religion der Fon im heutigen Benin integriert worden. Es ist ein Schrein, ein Opferaltar, um den eine Kultgemeinschaft organisiert ist, der es - als Öffnung zum Jenseits - den Ahnen erlaubt, als göttliche Wesen in maskierter Form zurückzukehren.

Den Zugang zur jeweils lokalen Kultgemeinschaft erhält man über die Initiation, in der man - wie die Fon sagen - das Unsichtbare sieht. Während der Initiation wird ein Pakt mit den transzendenten Kräften der Ahnen geschlossen, der die eigene soziale Identität spaltet, sie in ein Verhältnis zu den Ahnen setzt, das nicht mehr in sozialen Kategorien angebbar ist. Besonders deutlich wird dies im Verhältnis des Initiierten zur Maske. Masken sind nichts, das man trägt, sondern die sich bewegende Maske ist der Ahn; sie ist ein Schrein, etwas Heiliges in Bewegung - und dennoch haben die Initiierten als Träger der Maske ein Verhältnis zu dem, was nicht mehr sie sind.

Der Pakt mit den Kräften der Ahnen führt die Initiierten zugleich in die Kultgemeinschaft ein, die einen doppelbödigen Charakter hat: Während sie einerseits als soziale Organisation beschrieben werden kann, hat sie andererseits eine 'spirituelle' Seite, die nicht zuletzt durch eine (nur schwer zu identifizierende) Konkurrenz gekennzeichnet ist. Diese 'andere Seite' zeigt sich in Auseinandersetzungen, die mit magischen oder hexerischen Mitteln ausgetragen werden.

Pressestimmen

Das Buch beschreibt den Betrieb eines Schreins des Kutito, der Fon-Entsprechung des Egungun-Kultes der Yoruba, minutiös und nachvollziehbar. Farbfotos von den kunstreichen Verrätselungen erleichtern dem Leser das Nachempfinden mit den Wissenden, den Toten(geistern), den Anfängern und dem Forscher, der wie diese sich auf den Weg gemacht hat, Unsichtbares zu sehen oder hinter die Erscheinungen zu blicken.
Bernhard Streck in: Zeitschrift für Ethnologie 131 (2006), S. 144.