Alfred Schäfer,
Michael Wimmer
(Hrsg.)
Tradition und Kontingenz
2004, Grenzüberschreitungen, Band 1, 224 Seiten, E-Book (PDF), 19,90 €, ISBN 978-3-8309-6392-9
Die sich in allen gesellschaftlichen Lebens- und Funktionsbereichen ausbreitende Ungewissheit wird daher durchaus widersprüchlich wahrgenommen und beurteilt. Wird einerseits die Rückbesinnung auf traditionelle Werte und Gewissheiten als Elemente einer Identitätspolitik gegen die moderne Bodenlosigkeit propagiert, so werden auf der anderen Seite die neu gewonnenen Möglichkeitsspielräume als Freiheitsgewinne für forcierte Modernisierungsprozesse begrüßt.
Die in diesem Band versammelten Beiträge widersprechen solchen Gegenüberstellungen und abstrakten Entgegensetzungen, die Tradition mit Sicherheit und Moderne mit Ungewissheit verbinden. Aus verschiedenen disziplinären Perspektiven betrachtet, wird das Verhältnis zwischen Tradition und Kontingenz als ein verschlungenes Differenzverhältnis erkennbar, das mit unterschiedlichen Verarbeitungsformen von Kontingenz verbunden ist. Moderne und Tradition unterscheiden sich dann nicht durch An- und Abwesenheit von Kontingenz, sondern durch verschiedene Umgangsformen mit ihr.
Pressestimmen
Als besonders instruktiv sind vier Beiträge hervorzuheben: Liesner informiert über die gegenwärtig prekäre Lage der Erzeihungswissenschaft und über den umfassenden politischen Erwartungsdruck gegenüber Schulen, um schließlich für einen kritischen Bildungsbegriff zu votieren. Ehrenspeck erläutert die zentrale Bedeutung moderner Medien als Faktoren der Bewältigung, aber auch der Steigerung des Kontingenzbewusstseins. Die beiden ethnologischen Studien von Streck und Schäfer widmen sich Formen und Inhalten selektiver Akkulturation und Aneigenung westlicher Kultur und christlicher Religion bei Völkern im Sudan und in Westafrika, verstanden als mehr oder weniger dauerhafte Improvisation zur Kontingenzbewältigung vor dem Hintergrund gesellschaftlichen Wandels außerhalb Europas.
Frank Konersmann in: DAS ARGUMENT 270/2007.