Clemens Dannenbeck,
Felicitas Eßer,
Hans Lösch
Herkunft (er)zählt
Befunde über Zugehörigkeiten Jugendlicher
1999, Interkulturelle Bildungsforschung, Band 4, 250 Seiten, E-Book (PDF), 22,90 €, ISBN 978-3-8309-5727-0
Herkunft (er)zählt resümiert die Befunde einer Untersuchung des Zusammenlebens Jugendlicher in einem ethnisch heterogen Stadtteil Münchens. Der dabei verfolgte Forschungsansatz bricht mit der gängigen Praxis, wonach Individuen vornehmlich als Exponenten ihrer nationalen und ethnischen Herkunft zum Gegenstand des Interesses und Handelns werden. Ein solcher Persopektivenwechsel ist folgenreich insofern, als beobachtbare Eigenheiten, Verhaltensweisen, Probleme oder Konflikte von und zwischen Jugendlichen nicht schon vorab auf „kulturelle" oder „ethnische" Unterschiede zurückgeführt und damit erklärt werden. Dabei geht es nicht um die generelle Zurückweisung eines „kulturellen" Blicks auf Jugendliche, wohl aber um Widerständigkeit gegen seinen hegemonialen Erklärungsanspruch. So könnten etwa die während der verschiedenen Etappen sozialpädagogischen Selbstverständnisses jeweils zum Tragen gekommenen, zuweilen auch konkurrierenden Positionen – wie „antikapitalistische", „proletarische", „emanzipatorische", „geschlechtsspezifische" und „interkulturelle" Jugendarbeit daran erinnern, daß sich Jugendliche nur selten auf den Punkt bringen lassen, auf den professionelle Begutachter und Betreuer sie jeweils vereidigen wollen. Das muß nicht schon zu Desillusionierung und Verunsicherung führen. Im Gegenteil: Ein anderer Umgang mit Differenzerfahrungen verdankt sich der Vergewisserung, daß jede Programmatik in gesellschaftlichen Handlungsfeldern – sei sie nun kulturell, sei sie klassen- oder geschlechtsspezifisch codiert – eine Setzung, d.h. eine Entscheidung darstellt, die im Einzelfall begründet sein will und grundsätzlich ohne Risiken und Nebenwirkungen nicht zu haben ist.
Mit einem Vorwort von Franz Hamburger
Pressestimmen
[E]ine solche Studie [...] liefert ein gelungenes methodisch-theoretisches Gegestück zum dominanten Diskurs über die "Problemgruppe". Sie hebt sich in ihrer Herangehensweise wie in ihren Befunden wohltuend von jenen Untersuchungen ab, die auf der Basis von standardisierten Großerhebungen "the ethnic element of crime" in Korrelationen und Regressionsanalysen suchen [...]
Aus: Krim. Journal, 33. Jg. 2001, H.2. S.145f.