Deutschland zwischen „Schwärmertum“ und „Realpolitik“

Renate Loos

Deutschland zwischen „Schwärmertum“ und „Realpolitik“

Die Sicht der niederländischen Kulturzeitschrift De Gids auf die politische Kultur des Nachbarn Preußen-Deutschland 1837–1914

2009,  Studien zur Geschichte und Kultur Nordwesteuropas,  Band 17,  1. Auflage, 274  Seiten,  E-Book (PDF),  30,40 €,  ISBN 978-3-8309-6928-0

zurück zur Übersicht

Das Verhältnis der Niederländer zu ihren deutschen Nachbarn gilt – trotz intensiver Handelsbeziehungen und eines regen Tourismus – als prekär. Dies hat nicht zuletzt auch die Clingendael-Studie von 1993 gezeigt, nach der die überwiegende Mehrheit der über 1800 befragten niederländischen Jugendlichen nicht zögerte, Deutschland mit den negativsten Stereotypen in Verbindung zu bringen und dem Land den untersten Platz auf einer Beliebtheitsskala von 12 EU-Ländern zuzuweisen. Das Ergebnis dieser Umfrage rückte seit Mitte der 90er Jahre das Thema der niederländisch-deutschen Beziehungen mehr ins Licht des öffentlichen Interesses, wobei die meisten Veröffentlichungen den deutschen Überfall auf die Niederlande und die nachfolgende Besatzungszeit als Grund für das sensible Verhältnis der Niederländer zu den östlichen Nachbarn ansah.

Die Autorin richtet hier ihren Blick auf das 19. Jahrhundert und untersucht das bedeutende meinungsbildende Publikationsorgan des niederländischen Bildungs- und Besitzbürgertums, die Kulturzeitschrift De Gids auf ihr Deutschlandbild im Zeitraum 1837–1914. Dabei wird deutlich, dass die calvinistisch-liberale Führungselite der Niederlande fast durchgehend mit Argwohn auf den politisch "verspäteten" und als unberechenbar wahrgenommenen östlichen Nachbarn blickte, von dem sie sich politisch und militärisch bedroht fühlte.