Friedrich Reichsgraf zu Rantzau auf Breitenburg (1729-1806)

Iris Carstensen

Friedrich Reichsgraf zu Rantzau auf Breitenburg (1729-1806)

Zur Selbstthematisierung eines holsteinischen Adligen in seinen Tagebüchern

2006,  Kieler Studien zur Volkskunde und Kulturgeschichte,  Band 6,  376  Seiten,  E-Book (PDF),  26,90 €,  ISBN 978-3-8309-6741-5

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"Breitenburg ist ein großes gut, und ervodert also auch ohne zweifell große aufsicht, du wirst nun denk ich ein rechter Haußhelter, und ehrbahrer Landtjuncker werden", schreibt Anna von Düring 1763 ihrem jüngeren Bruder Friedrich Rantzau. Dessen Ehefrau, die Reichsgräfin Amoene Castell-Remlingen, ist Erbherrin der Herrschaft Breitenburg im heutigen Kreis Steinburg, und Friedrich Rantzau entscheidet sich für das Leben als Gutsherr und nicht für die Offizierskarriere. Aber das Erbe ist schwierig. Die Breitenburg, einst von dem legendären Ahnherrn Heinrich Rantzau ausgebaut, hat längst ihre frühere repräsentative Pracht verloren; die alten Herrschaftsrechte sind in einer Zeit politischer und sozialer Umbrüche infrage gestellt oder gelten nicht mehr.

Friedrich Rantzau hat über viele Jahre in seinem Tagebuch über die Konsolidierung des Gutes, den Wiederaufbau der alten Herrschaft und das Anwesen der Familie berichtet. Diese Aufzeichnungen werden in dieser Arbeit als Medium adeliger Selbstrepräsentation gelesen. Dabei stilisiert sich Friedrich Rantzau in der Tradition des "aufklärerischen Hausvaters", der der Familie und der Gutsherrschaft gleichermaßen in patriarchalischer Manier vorstehen will.

Das Tagebuch belegt aber auch eindrucksvoll, welche Brüche sich aus dieser Selbstkonzeption am Übergang von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft ergeben.

Prozessakten und briefliche Hinterlassenschaften ergänzen das Bild, kontextualisieren solche Bruchstellen und machen damit Friedrich Rantzaus Bestreben, sein Leben an einem idealtypischen Modell auszurichten, umso deutlicher sichtbar.

Pressestimmen

Insgesamt ist dies eine erfreulich gut lesbar geschriebene Arbeit, die den Leser tief in das Leben von Friedrich Rantzau [...] hineinführt.
Britta Spies in: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde, 2010.

Die Studie profitiert zugleich von neueren Arbeiten zu „Ego-Dokumenten“ [...] und zur Geschlechtergeschichte, um nur zwei innovative Forschungsrichtungen zu benennen, die Iris Carstensen aufgreift. Herausgekommen ist eine quellennahe und zugleich überlegt und übersichtlich gegliederte, überdies sehr gut lesbare Arbeit. [...] Es ist erfreulich, dass der Buchtitel – entgegen dem Modetrend – tatsächlich auf das verweist, worum es in dieser Arbeit geht. Dennoch ist diese Arbeit inhaltlich und methodisch weit mehr als eine Lokalstudie. Ihr ist deshalb eine entsprechend breite Rezeption zu wünschen.
Christina Vanja in: Zeitschrift für Volkskunde, 104. Jg. 2008. Bd. II.

Mit diesem Beitrag zur holsteinischen Adelsgeschichte rekonstruiert Iris Carstensen einen Mikrokosmos von ungeahnter Dichte und erweitert die bereits gesetzten Akzente der mikrogeschichtlich orientierten Adelsforschung. [...] Die Stärken der Studie sind der Untersuchungsgegenstand, die methodische Ausrichtung und die gründlichen Analysen. Sie greift eine Vielzahl von Einzelaspekten auf und rekonstruiert ein dichtes Bild menschlicher Idealvorstellungen und ihrer Realisierung im tatsächlichen Leben. [...] Iris Carstensen greift somit bisher kaum erforschte Themen auf, mit denen sich eine weitere Beschäftigung lohnt. Zu den Lebens- und Handlungsschwerpunkten eines Adligen in der Zeit um 1800 liegt nun eine empfehlenswerte Lektüre vor.
Olga Weckenbrock in: sehepunkte 7 (2007), Nr. 11 (URL vom 19.11.2007, www.sehepunkte.de).