<i>Wir singen nicht, wir sind die Jodler</i>

Helen Hahmann

Wir singen nicht, wir sind die Jodler

Ethnologische Perspektiven auf das Jodeln im Harz

2018,  Internationale Hochschulschriften,  Band 647,  188  Seiten,  Klappenbroschur,  mit zahlreichen Abbildungen,  29,90 €,  ISBN 978-3-8309-3672-5

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Jodeln ist eine Ausnahmeerscheinung unter den Gesangskünsten, eine hochspezialisierte Form des Singens. Allein im deutschsprachigen Raum gibt es viele regionale Formen und alle haben eigenständige Merkmale entwickelt. Der Harz sticht durch akrobatische Motive hervor, die Jahr für Jahr bei Jodlerwettstreiten in Konkurrenz zueinander treten. Wir singen nicht, wir sind die Jodler zeigt, wie sich selbst im Harz verschiedene Stilistiken des Jodelns herausbilden konnten. In der Analyse finden die vergangenen 100 Jahre Harzer Musikgeschichte Beachtung: von der Randerscheinung Jodeln zu Beginn des 20. Jahrhunderts, über die Etablierung zum klanglichen Markenzeichen während der NS-Zeit, bis hin zur starken Folklorebewegung nach 1945 in beiden Teilen Deutschlands.

Aus dieser kraftvollen Entwicklung zehrt die Praxis bis heute. Diese musikethnologische Studie betrachtet die Szene der Harzer Jodlerinnen und Jodler, der Folklore- und Heimatgruppen mit Hilfe der Theorie der sozialen Praktiken. Die Arbeit bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Musikethnologie, Geschichtswissenschaften, Volkskunde und Ethnologie.

Pressestimmen

„Wir singen nicht, wir sind die Jodler ist die detaillierteste und aufschlussreichste Ethnographie über das Jodeln seit 40 Jahren. Hahmann platziert die Standpunkte ihrer Informanten im Dialog mit musikalischen Analysen und historischen Kontexten. Das Buch ist nicht nur etwas für Jodel-Enthusiasten, sondern auch interessant für all diejenigen, die sich mit Musik und Politik während des Kalten Krieges und dessen Nachwirkungen beschäftigen.“
Sydney Hutchinson (Professorin für Musikethnologie an der Syracuse Universität in den USA, Jodlerin und Akkordeonistin)

„Indem die Autorin die Jodlerwettstreite und das Jodeln im Harz als soziale Praktiken begreift, konnten gesellschaftliche Zusammenhänge herausgearbeitet werden. So ist dieses Buch nicht nur für die Musikkultur des Harzes, sondern grundsätzlich für die Musikethnologie eine wertvolle, anregende Arbeit.“
Ernst Kiehl (Historiker, Volkskundler und Heimatforscher aus Quedlinburg)

„Die Arbeit wirft interessante Fragen in Bezug auf wettbewerbsorientierte Brauchtumspflege auf. Und nicht nur das, sie fragt auch: warum sprechen wir eigentlich immer von „jodeln“ und nicht von zauren, ruggusserlen, Krimantschuli , Saloma oder Yelli singen und joiken, wie die Gesangstechnik in anderen Regionen heißt? Fragen, die weit über die regionale Bezogenheit des Themas hinausgehen und aktuell klar machen, wie tief verwurzelt und weit verzweigt kolonialistisches Denken bis heute ist."
Dr. Ingrid Hammer (Regisseurin, Sängerin und Jodelvermittlerin aus Berlin)

[Es] entstand ein Buch, das man nur jeder Person ans Herz legen kann, die an den Fragen Brauchtumsgeschichte, Innenexotik, Identitätsentwicklung oder schlicht an den Erscheinungsformen des Jodelns interessiert ist. Durch eine Fragestellung zwischen Innenansicht und ethnologischem Draufblick, durch respektvollen, aber sachlichen Umgang mit dem Harzer Phänomen des Jodelns gelingt es Helen Hahmann, den Kreis zwischen Brauchtum und Ethnologie zu schließen und damit zu verdeutlichen, dass der Wert und der Gehalt von regionaler Heimatkultur in globalen Zusammenhang betrachtet werden muss. Trotz fachlicher, wissenschaftlicher Untersuchung klingt viel Persönliches durch, was das Buch noch glaubhafter und jenseits der Wissenschaft spannender macht.
Ulrike Zöller auf folker.de

Hahmanns Arbeit basiert auf Feldforschungen, die sie zwischen 2008 und 2015 durchführte, sowie auf Interviewmaterial mit fast 40 Personen und wurde 2015 von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg als Dissertation angenommen. Die Beschreibung ihres eigenen Forschungszugangs zu dem Thema ihrer Arbeit – von der klassischen musikethnologischen Forschung in Peru hin zu der regionalen Forschung inklusive eigenen Jodellernens –, die erkenntnisreichen musikalischen Analysen und Transkriptionen, die Berücksichtigung weiterer Aspekte der modernen Musikethnologie, etwa eines postkolonialen Ansatzes bei der Beschreibung dessen, was aus eurozentristischer Sicht weltweit Jodler genannt wird, all das macht die vorliegende Veröffentlichung zu einer mustergültigen musikethnologischen Arbeit, die die bereits vorhandenen Untersuchungen und die Literatur auf dem Gebiet des Harzer Jodelns sehr bereichert.
Astrid Reimers, in: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 2019.

In neun Kapiteln nähert sich Hahmann so der historischen und aktuellen Problematik an: Wer jodelt(e) und warum, welche Zeilen werden dargeboten und wer entscheidet darüber, ob das auch ein „Jodler“ ist. Hinzu treten Fragen nach dem Beginn der wissenschaftlichen Forschung und der Rolle des Jodelns in wechselnden politischen Systemen. Die Autorin geht nicht diachron vor, sondern lässt eigene Überlegungen und ihre Vorgehensweise, die kulturethnologische Methodologie und Wissenschaftstheorie, musikwissenschaftliche Aspekte sowie die historischen Abläufe ineinander übergehen.
Florian G. Mildenberger, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 10/2019, S. 863.

[...] the book not only is an excellent reading for anyone interested in yodelling but also is an important contribution to the more recent German history.
Ricarda Kopal, in: Yearbook for Traditional Music 2019, p. 285.

ein wichtiger Beitrag, wenn 'Harzer Brauchtum' als lebendige soziale Praxisvon Menschen in der Gegenwart fortgeführt werden soll.
Maira Gebel, in: UNSER HARZ, 7/2020.

The volume is, furthermore, not only relevant to the academic world, but also to the communities under study: yodel practitioners are immortalized through the mentioning of their names and through their representation in huge black and white photos. The latter are exemplary of the beautiful layout of the book [...].
Barbara Alge, in: the world of music 9 (2020) 1, pp. 30.

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