Verrechtlichte Musik: Die Stadtmusikanten der Herzogtümer Schleswig und Holstein

Mirko Soll

Verrechtlichte Musik: Die Stadtmusikanten der Herzogtümer Schleswig und Holstein

Eine Untersuchung aufgrund archivalischer Quellen

2006,  Kieler Studien zur Volkskunde und Kulturgeschichte,  Band 5,  492  pages,  E-Book (PDF),  26,80 €,  ISBN 978-3-8309-6586-2

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Verrechtlichte Musik - gleichsam in Anlehnung an Konrad Köstlins geprägten Begriff von der "verrechtlichten Volkskultur" lenkt dieses Buch den Blick auf einen bisher wenig untersuchten Aspekt von Musikgeschichte. Als ein wichtiges Stück Alltagskultur wird die Musik im Zuge des beginnenden Absolutismus zum Machtinstrument einer aufstrebenden territorialen Obrigkeit. Wie alle Bereiche des täglichen Lebens, gerät auch sie in die Mühlen eines alles durchdringenden fürstlichen Verwaltungsstaates. Musik wird zu einem sanktionierten Gut, das durch ein raffiniertes System von Privilegien zunehmend obrigkeitlicher Kontrolle und Reglementierung unterliegt.

Träger dieses Systems ist eine neue Berufsgruppe: die Stadtmusikanten. Ausgestattet mit besonderen Rechten und unter dem Schutz der Obrigkeit, obliegt ihnen bald konkurrenzlos und flächendeckend jegliche Musikausübung im gesamten Fürstenstaat. Ihren Ehrentitel tragen die Stadtmusikanten mit Stolz, repräsentieren sie doch den zunftmäßig ausgebildeten Berufsmusiker, nicht minder aber das streng hierarchisch gegliederte Gesellschaftsgefüge. Sie sind ein Bestandteil der öffentlichen Ordnung. Doch was ihnen den Lebensunterhalt sichert, bedeutet zugleich ihren schleichenden Untergang. Die Starrheit des absolutistischen Privilegsystems nimmt ihnen schon bald den notwendigen Handlungsspielraum, sich gesellschaftlichen Veränderungen und epochalem Wandel anzupassen. Das Stadtmusikantenwesen muss hieran letztlich scheitern.

Anhand von großenteils bisher nicht veröffentlichtem Archivmaterial möchte dieses Buch einen lebendigen und bildhaften Einblick in jene Facette der Alltagsgeschichte vergangener Zeiten bieten. Die Geschichte der Stadtmusikanten der ehemaligen Herzogtümer Schleswig und Holstein, ihr Aufstieg und Fall, kann dabei als exemplarisch für die Verrechtlichung von Alltagskultur gelten.

press

Der große Vorzug von Solls Studie gegenüber thematisch vergleichbaren zu anderen deutschsprachigen Regionen besteht in der extensiven, fast lückenlosen Dokumentation aller verfügbaren Rechtsquellen über Stadtmusikanten der Herzogtümer Schleswig und Holstein von der frühen Neuzeit bis zur Reichsgründung.
Hanns-Peter Mederer in: Zeitschrift für Volkskunde 103/2 (2007), S. 262-265.