Antje Willing
Literatur und Ordensreform im 15. Jahrhundert
Deutsche Abendmahlsschriften im Nürnberger Katharinenkloster
2004, Studien und Texte zum Mittelalter und zur frühen Neuzeit, Band 4, 308 pages, E-Book (PDF), 31,40 €, ISBN 978-3-8309-6331-8
An den Eucharistietraktaten des Mönchs von Heilsbronn und Marquards von Lindau sowie an den Fronleichnamspredigten von Johannes Tauler und Gerhard Comitis wird die literarhistorische Bedeutung der Ordensreform, ihr Einfluss auf die Literaturrezeption herausgearbeitet. Diese bislang noch kaum untersuchten eucharistischen Schriften wurden im Kloster zur Lectio herangezogen und stehen durch die kirchliche Lehre von der Partizipation der Gläubigen am corpus mysticum in der Kommunion in enger Verbindung zur Mystik. An ihnen lässt sich beispielhaft zeigen, wie sich in der deutschsprachigen Abendmahlsliteratur vom Anfang des 14. bis zum 15. Jahrhundert ein Wandel vollzieht: Die spekulative Mystik Meister Eckharts wird von Tauler und Marquard erweitert und umgeformt bis sie schließlich Comitis als Vertreter der dominikanischen Ordensreform revidiert: Er verzichtet auf eine spekulative Theologie, greift auf das Abendmahlsverständnis des Mönchs von Heilsbronn zurück und predigt eine Kontemplationsmystik, die die Regelobservanz fördern und stärken soll.
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Umsichtig analysiert die Arbeit das schrittweise Wachsen der Bibliothek [...] ehe die Tischlesungskataloge einer Analyse unterzogen werden. Willings Arbeit bestätigt somit durch eine kluge inhaltliche Analyse an einem zentralen, aber bislang viel zu wenig beachteten Thema spätmittelalterlicher Religiösität eindrucksvoll die in den letzten Jahren zunehmend herausgearbeitete Forschungsthese, dass die Kirchenreform des Spätmittelalters von Regeltreue und einer Bindung an die Norm getragen war, in der nur wenig Platz für mystisches Gedankengut blieb, wie es die Schriften des 14. Jahrhunderts geprägt hatte.
Eva Schlotheuber in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg. 93 (2006).
Die Ergebnisse sind nicht hinsichtlich der rezipierten Texte überraschend, sondern als sicheres Fundament für künftige Forschungen und als Klärung des Verschriftlichungsprozesses der Volkssprache überhaupt.
Aus: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Bd. 61,2, S. 699.
Die ausgezeichnete Zusammenfassung ist besonders hervorzuheben.
Rudolf Kilian Weigand in: Germanistik. Bd. 46, H. 3-4. 2005.
Angesichts der durchaus sperrigen Materie verdienen die Belesenheit und die analytische Präzision der Autorin hohe Anerkennung. Der Zusammenhang zwischen Literaturrezeption und -produktion einerseits und dominikanischer Ordensreform andererseits wird hier in einer Tiefe erschlossen, die bisherige Untersuchungen, die sich am Profil einer einzelnen Bibliothek oder an der Überlieferung eines Textes orientieren, nur selten erreicht haben. [...] Antje Willings Buch stellt methodisch wie inhaltlich [...] einen großen Fortschritt dar. Die Autorin hat sich intensiv in die theologie- und frömmigkeitsgeschichtlichen Aspekte ihres Themas eingearbeitet, was bei altgermanistischen Dissertationen zur geistlichen Literatur keineswegs die Norm ist, in diesem Fall aber unverzichtbar war und reichen Ertrag gebracht hat. Die Arbeit bereichert nicht nur unsere Kenntnis der Überlieferung aus dem Katharinenkloster, sondern eröffnet auch neue Perspektiven im Hinblick auf die Analyse ähnlicher Texttypen und auf Entwicklungen in anderen Klöstern und Orden.
Falk Eisermann in: IASL Online, URL: http://iasl.uni-muenchen.de