Aufklärung der Geschlechter, Revolution der Geschlechterordnung

Claudia Opitz

Aufklärung der Geschlechter, Revolution der Geschlechterordnung

Studien zur Politik- und Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts

2002,  216  pages,  E-Book (PDF),  19,90 €,  ISBN 978-3-8309-6143-7

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"In den Monarchien besitzen die Frauen wenig Verschämtheit. Da nämlich das Vorrecht des Standes sie an den Hof ruft, nehmen sie dort jenen freien Geist an, nahezu den einzigen, der dort toleriert wird. [...] In den Republiken sind die Frauen frei durch die Gesetze und gefesselt durch die Sitten. Der Luxus ist hier in Bann getan - und Korruption und Laster mit ihm."

Mit diesen und ähnlichen Worten beschrieb der französische Aufklärer und Jurist Montesquieu um die Mitte des 18. Jahrhunderts einen der wesentlichen Unterschiede zwischen der monarchischen und der republikanischen Staatsform: Die Stellung und die Einflussmöglichkeiten der Frauen - nicht ahnend, dass schon wenige Jahre später gerade um die Freiheit und die Einflussnahme der Frauen in der neu entstandenen Französischen Republik heftig gerungen werden würde.

Dieser Band gibt einen Überblick über zehn Jahre Forschung: Claudia Opitz zeichnet darin den Weg der Debatten über die neue Geschlechterordnung ebenso nach wie die institutionellen und diskursiven Voraussetzungen für den Bruch mit der alten (Geschlechter-)Ordnung nach 1789.

Geschlechtergeschichte, wie sie hier vorgestellt wird, versteht sich als politische Kulturgeschichte, in der kulturell verfügbare Symbole und Repräsentationsformen ebenso Beachtung finden wie Institutionen und Organisationen; daneben stellen aber vor allem auch die Handlungsräume und die Geschlechtsidentitäten der Akteurinnen und Akteure und ihre divergierenden Vorstellungen von Politik und Gesellschaft ein zentrales Interessenfeld der Forschung dar.


Aus dem Inhalt

- Wandel der Vaterrolle in der Aufklärung?
- Mutterschaft und weibliche (Un-)Gleichheit in der Aufklärung. Ein kritischer Blick auf die Forschung
- Kulturvergleich und Geschlechterbeziehungen in der Aufklärung: Lady Wortley Montagus Briefe aus dem Orient
- Grenzen der Freiheit. Zur Entstehung und Wirkung von Rousseaus Ideen zur Geschlechterordnung
- Revolutionshistoriographie als Mythographie der Geschlechter: Jules Michelet und die Frauen der europäischen Revolutionen 1789-1848

press

Ces articles présentent un aspect intéressant de la Revolution francaise, encore peu exploré en France. [...] Enfin, cet ouvrage porte sur le discours sur la femme à Paris. On attend avec impatience une étude sur les pratiques, à Paris et ailleurs.
Claire Gantet in: Francia 32/2 (2005), S. 281ff.

Der Band [...] zeichnet nicht nur ein facettenreiches Bild von der Aufklärungs- und Revolutionszeit in Frankreich nach, sondern stellt zugleich auch eine kompakte Einführung zu diesen Themen unter geschlechterhistorischer Perspektive bereit. Dem Band ist eine breite Rezeption auch über den Kreis der Fachkolleginnen und -kollegen hinaus zu wünschen.
Ramona Myrrhe in: sehepunkte 4/2004. Nr. 11 [15.11.2004] URL: www.sehepunkte.historicum.net/2004/11/7274.html

Claudia Opitz ist es in dem vorliegenden Band gelungen, Aufklärung und Revolution als zwei verschiedene Phänomene für die 'Ordnung der Geschlechter' zu betrachten und dabei Geschlecht konsequent als politsche Kategorie zu verstehen und in ihre Untersuchungen zu integrieren. Die Analyse von politischen Diskursen und Institutionen verlangt aber auch eine kulturwissenschaftliche Herangehensweise, die kulturelle Symbole und Repräsentationsformen ebenso in den Blick nimmt wie die Geschlechtsidentitäten der historischen Akteurinnen und Akteure und deren Vorstellungen von Politik. Auch diesem Anspruch ist Opitz in ihren Beiträgen gerecht geworden und hat ein handfestes Kompendium zur politischen Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts vorgelegt, das vor allem für Kulturwissenschaftler und Kulturwissenschaftlerinnen von Bedeutung sein dürfte. Sein Nutzen liegt auch und gerade darin, den Finger auf methodische Ungereimtheiten und wissenschaftliche Desiderate gelegt zu haben, die Anstoß zu weiteren Forschungen geben und den Blick auf die Breite der Thematik erheblich erweitern können. Auch Studierenden ist das Buch wärmstens zu empfehlen, ermöglicht es ihnen doch, einen komprimierten Überblick über die Debatten zur Geschlechterordnung der Revolutionszeit zu erhalten [...]
Marita Metz-Becker in: Zeitschrift für Volkskunde. 100. Jg. Bd. I/2004. S. 136ff.

Opitz schlägt einen weiten Bogen von Protagonisten der Auflärung wie Montesquieu oder Rousseau über die sich wandelnden Bilder von Vaterrolle und Mutterschaft, die Reisen der Lady Montagu in den Orient, die Rolle der Frauen in der Französischen Revolution bis zur Darstellung der Geschlechter in der Historiographie. Das Buch bietet sowohl einen geeigneten Einstieg in dieses Forschungsfeld als auch spannende Einsichten für den Leser oder die Leserin, die meinten, die Erkenntnisse der Geschlechtergeschichte über diesen Zeitraum zu kennen: Opitz problematisiert die Gleichsetzung von "natürlicher" Mutterschaft und Ungleichheit der Geschlechter und kontrastiert diese Domestizierungsthese mit einer Verlustgeschichte der Väter wie mit den neuen - auch politischen - Handlungsräumen, die sich den Frauen gerade durch diese neu verstandenen Mutterrolle boten. [...] Bei der Darstellung dieser Entwicklungen gelingt Opitz die Gratwanderung, weder teleologisch zu argumentieren noch eine reine Bestandsaufnahme vorzunehmen: Sie zeigt, wie offen der Prozeß der Neu-Ordnung der Geschlechter in der Französischen Revolution war und wie die Vorstellungen der zeitgenössischen Akteure und ihres Argumentationslieferanten Rousseau nicht nur originär, sondern auch in ein System verfügbarer Symbole und Repräsentationen der Geschlechterrollen eingebunden waren - daß die Phänomene also zusammenhingen und die Entwicklung doch kontingent blieb. [...] es zeigt, daß Geschlechtergeschichte für die Geschichtswissenschaft wichtig und bereichernd ist und eben nicht nur die Vergangenheit an heutigen emanzipatorischen Vorstellungen mißt, wie ihr immer wieder vorgeworfen wird, sondern es ermöglicht, Handlungsräume und Deutungsmuster auf eine Weise zu untersuchen, die ohne die Kategorie "Geschlecht" so nicht möglich wäre.
Antje Flüchter in: Zeitschrift für Historische Forschung. Bd. 31, Heft 2/2004, S. 320f.

Der informative Band versammelt neun Aufsätze von O. (...)
Peter Fuchs in: Historische Zeitschrift. Band 277/2003. S. 204f.