Künstler als Helden und Heilige

Maria-Theresia Leuker

Künstler als Helden und Heilige

Nationale und konfessionelle Mythologie im Werk J.A. Alberdingk Thijms (1820-1889) und seiner Zeitgenossen

2001,  Niederlande-Studien,  Band 26,  388  pages,  E-Book (PDF),  18 Abb.,  35,90 €,  ISBN 978-3-8309-6116-1

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Rembrandt ist wohl der bekannteste unter den Künstlern aus dem 17. Jahrhundert, die in niederländischen Novellen, Romanen und Dramen aus dem 19. Jahrhundert zu nationalen Idolen stilisiert werden. Auch die Dichter Joost van den Vondel (1587-1679) und Maria Tesselschade Roemers (1594-1649) erhalten durch die historische Literatur einen festen Platz in der nationalen Mythologie der Niederlande.

Die Novellen des katholischen Schriftstellers und Journalisten Joseph A. Alberdingk Thijm erweitern den Vondel- und Tesselschade-Mythos um eine konfessionelle Dimension, indem sie das katholische Bekenntnis der beiden Dichter in den Vordergrund rücken. Das 'heilige Paar' soll das Selbstbewusstsein der niederländischen Katholiken stärken, die nach Jahrhunderten der Marginalisierung um gesellschaftliche Integration kämpfen.

Alberdingk Thijms Entwürfe eines gemeinschaftsorientierten Künstlertums in einer multikonfessionellen Gesellschaft werden Texten gegenübergestellt, die aus dem seinerzeit kulturell dominierenden protestantisch-liberalen Umfeld stammen. Sie widmen sich mit Vorliebe dem 'Muiderkring', einem legendären Freundeskreis von Dichtern, der zum Symbol für den Kanon der niederländischen Literatur aus dem 17. Jahrhundert wird. Auch Vondel und Roemers gehören diesem Kreis an. Als 'Genie' und 'schöne Seele' repräsentieren sie die männliche und weibliche Ausprägung des zeitgenössischen Künstlerideals.

press

Diese Studie, der die Habilitationsschrift der Autorin von 1998 (Fachbereich Philologie der Universität Münster) zugrunde liegt, hat es in sich; sie enthält wesentlich mehr als der Titel vermuten läßt. [...] Künstler-Erzählungen eines Schriftstellers des 19. Jahrhunderts sind der Gegenstand dieser literaturwissenschaftlichen Untersuchung, und es ist erstaunlich, was die Autorin daraus gemacht hat. Sie dringt über Alberdingk Thijm hinaus weit in die niederländische Gesellschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts vor, läßt sich eingehend auch auf einschlägige Situationen des 17. Jahrhunderts ein, und sie hat - das verdient Respekt - ihre Untersuchung mit einem konzeptionellen und methodischen Instrumentarium durchgeführt, mit dem sie aktuelle Tendenzen mehrerer Forschungsdisziplinen aufgegriffen und miteinander kombiniert hat. [...] Eine ergiebige und mutige wissenschaftliche Untersuchung, die zu Diskussionen anregt und herausfordert.
Otto Dann in: Jahrbuch des Zentrums für Niederlande-Studien, 2004. S. 193 ff.